Die Offene Jugendarbeit ist ein komplexes (sozial)pädagogisches Handlungsfeld im Gesamtkomplex der professionellen Sozialen Arbeit mit einem sozialräumlichen Bezug und einem jugend- und bildungspolitischen Auftrag. Offene Jugendarbeit begleitet und fördert Jugendliche auf ihrem Weg in die erwachsene Selbstständigkeit und Mündigkeit und integriert sie in gesellschaftliche Gestaltungs-, Aneignungs- sowie Bildungsprozesse. Sie ist somit ein unverzichtbarer Bestandteil einer kommunalen öffentlichen Infrastruktur. In allen Angebotsformen der Offenen Jugendarbeit geht es um das Bereitstellen von „Begegnungsräumen“ in den Kommunen, die dort als Erfahrungs-, Entfaltungs-, Aneignungs- und Bildungsmöglichkeiten für Jugendliche fungieren und von Fachkräften (sozial)pädagogisch begleitet werden. Neben den klassischen Einrichtungen Offener Jugendarbeit wie Jugendzentren, Jugendtreffs, Jugendcafés oder Jugendkulturzentren, die sich durch eine gewisse Mittelpunkt- und Raumfunktion auszeichnen, haben sich neue Konzepte und Methoden etabliert, wo Jugendarbeit vornehmlich lebensweltorientiert im öffentlichen Raum – im Sozialraum der Jugendlichen – angeboten wird.

Entwicklungsaufgaben im Jugendalter
Die zentralen Themen der Offenen Jugendarbeit leiten sich von den zu bewältigenden Entwicklungsaufgaben im Jugendalter ab. Entwicklungsaufgaben bezeichnen in diesem Sinn die Umsetzung von körperlichen, psychischen, sozialen und ökologischen Anforderungen der Persönlichkeitsentwicklung in sozial und kulturell akzeptierten Verhaltensprogrammen und werden von den klassischen Sozialisationsinstanzen unterstützt und begleitet. Offene Jugendarbeit begleitet Jugendliche bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben, die im Jugendalter an sie gestellt werden und bedient sich dabei unterschiedlicher Methoden der Sozialen Arbeit: » Bildung und Erziehung erfahren » Freizeit gestalten » Geschlechteridentitäten entwickeln » Beteiligung erproben und Lebenswelten gestalten » Werthaltungen entwickeln und Demokratie leben » Diversität erleben und Integration mittragen » Begegnungsräume schaffen » Persönlichkeit und Beziehungen entwickeln » Gestaltungsräume aneignen » Prävention verankern » Gemeinsamkeit erleben » Gesundheitskompetenz entwickeln » Kultur mitgestalten

Grundprinzipien von Offener Jugendarbeit

Offen: Offenheit bezieht sich auf die kulturelle, weltanschauliche und politische Ungebundenheit der Offenen Jugendarbeit und ihrer Angebote.

Niederschwellig: Offene Jugendarbeit versteht sich in der Konzeption, Wahl und Gestaltung ihrer Angebote als niederschwellig (freier, einfacher Zugang).

Überparteilich und überkonfessionell: Offene Jugendarbeit und ihre Angebote und Aktivitäten sind grundsätzlich überparteilich und überkonfessionell.

Freiwillig: Jugendliche nutzen die Einrichtungen und Angebote der Offenen Jugendarbeit freiwillig und entscheiden selbst darüber, welche Aktivitäten sie wahrnehmen, worauf sie sich einlassen wollen und wie lange das sein wird.

Kostenlos: Die Angebote der Offenen Jugendarbeit sind kostenlos, es besteht keine Verpflichtung zur Mitgliedschaft und kein Konsumzwang.

Geschlechtergerecht: Geschlechterreflektierende Arbeit versucht, Benachteiligung abzubauen und Gleichberechtigung zu fördern. Ziel ist es, eine selbstbestimmte Geschlechtsidentität mit vielfältigen Facetten zu fördern.

Partizipativ: Partizipation erlaubt Jugendlichen nicht nur eine aktive Mitgestaltung der Angebote und deren Normen, sondern regt sie dazu an, sich einzubringen (Stärkung der demokratischen Erfahrungen).

Bildungsgerecht: Es müssen allen Jugendlichen die gleichen Rechte auf Bildung zugestanden werden. Offene Jugendarbeit ermöglicht unterschiedliche Bildungsangebote.

Beziehungskontinuierlich: Durch die Beziehungskontinuität in der Offenen Jugendarbeit erleben die Jugendlichen die Konsequenzen ihres Handelns durch die Fachkräfte nicht als endgültige Reaktion, sondern auch als Bildungs- und Erziehungsangebot, sich fachlich begleitet weiterzuentwickeln.

Verbindlich: Merkmale des professionellen Beziehungsangebots an die Jugendlichen sind Verbindlichkeit und Kontinuität. Die Offene Jugendarbeit bedarf dafür ihrerseits verlässlicher Rahmenbedingungen, um diese Kontinuität gegenüber den Jugendlichen sowie auch gegenüber der Politik und des Gemeinwesens gewährleisten zu können.

Inklusiv: Es ist der Auftrag von Offener Jugendarbeit, eine vielfältige und tolerante Gesellschaft zu prägen, in der alle Jugendlichen dieselben Chancen und Rechte auf die aktive und selbstbestimmte Gestaltung ihres Lebens haben.

 


Handbuch der Offenen Jugendarbeit Steiermark.
Grundlagen in Theorie und Praxis. Neuauflage 2020.
Hrsg: Steirischer Dachverband der Offenen Jugendarbeit
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